Wir helfen, mit dem Schmerz umzugehen!

 

Phantomschmerz„Mein linker Fuß quält mich – ich halte es nicht mehr aus!“ Mit zusammengebissenen Zähnen und schmerzverzerrtem Gesicht sitzt Herr Mahnstein auf seinem Stuhl. Er kann vor Schmerzen kaum noch atmen. Immer wieder beugt er sich vor und greift mit der Hand an seinen linken Unterschenkel. Was die meisten jedoch nicht ahnen: Herr Mahnstein ist seit 3 Jahren amputiert. Aufgrund der Folgen seiner Diabetes-Erkrankung musste ihm der linke Unterschenkel amputiert werden. Der Fuß, der uner- trägliche Schmerzen verursacht, ist nicht mehr vorhanden.

„Wie ist das möglich?“ fragt mancher, der Herrn Mahnstein und seine Qualen erlebt. Einige Bekannte schüttelten mitleidig den Kopf: „Das bildet er sich doch ein – na, war ja auch ein schwerer Schlag für ihn, diese Amputation!“.

Aber nicht nur im Bekanntenkreis wendet man sich verständnislos ab. Ein Arzt, den Herr Mahnstein auf- sucht, sagt nur kurz: „Nehmen Sie diese Schmerztabletten. Dann wird es besser.“

Herr Mahnstein ist mittlerweile an Rande seiner Kraft. Vollkommen unvermittelt packen ihn die heftigen Schmerzen, schießen in seinen nicht mehr vorhandenen Fuß und haben ihm mittlerweile nicht nur die Lebensqualität, sondern auch den Lebensmut genommen.

Was verbirgt sich hinter den Schmerzen des Herrn Mahnstein? Ist er Simulant? Ist er senil? Hat er eine noch nicht erkannte Krankheit? Mangelt es ihm an Aufmerksamkeit, dass er Schmerzen vortäuschen muss? Der Fachausdruck für die Plage des Herrn Mahnstein heißt Phantomschmerz.

Dass der Phantomschmerz noch vieler orten ein Stiefkind der Medizin ist, bemerken zahlreiche Amputierte, die sich in ähnlicher Lage wie Herr Mahnstein befinden.

Die Fakten: Immerhin rund 60% der Amputationspatienten leiden unter diesen Schmerzen.

Unglaublich: Phantomschmerz wird in keinem Abrechnungskatalog der Krankenkassen erfasst. Dabei haben im ersten Jahr nach einer Amputation sogar rund 90% der Frisch-Amputierten Phantomschmerzen oder Phantomempfindungen.

„Phantomschmerz wird den Patienten oft nicht geglaubt!“, ist die übereinstimmende Aussage vieler Therapeuten, die sich mit Schmerzphänomenen und medizinischen Gesichtspunkten des Schmerzes auseinandersetzten.

Ein Schmerztherapeut: „Es ist eine schnelle und konsequente Behandlung der akuten Schmerzen notwendig, damit keine Chronifizierung entsteht!“. Oft ist der Einsatz von Medikamenten  wie Analgetika (Opioide), Antiepileptika oder Antidepressiva notwendig. Aber auch psychotherapeutische Wege sind möglich, um Erleichterung zu erhalten.

Aber es gibt auch neuere Methoden, die von den Leistungserbringern bisher nicht akzeptiert werden, jedoch in vielen Fällen eine deutliche Linderung  bringen können.

Dazu gehört z. B. die sogenannte Spiegeltherapie: Das vorhandene Bein wird in einem besonderen Spiegel gespiegelt und signalisiert dem Gehirn „Hier sind zwei Beine!“. Nach kurzer Zeit haben Patienten z. T. deutlich weniger Schmerzen: „Diese Therapie hilft mir und ich leide deutlich weniger unter Phantomschmerzen, die mir früher das Leben zur Hölle machten!“, so ein Patient.

Das gemeinnützige Institut AMPU VITA e. V. (ehemals Amputierten e. V. Nord) bietet ab Mitte April regelmäßig Phantomschmerzgruppen an. Unter dem Motto „Wie begegne ich dem Schmerz – auch ohne Medikamente?“ kommen unter Leitung einer erfahrenen Physiotherapeutin eher unkonventionelle Methoden wie Spiegeltherapie, (Muskel-) Entspannungsübungen sowie verschiedene andere physiotherapeutische Behandlungsansätze zur Anwendung.

Info Spiegeltherapie:
„Wie kann ich dem Phantomschmerz begegnen – auch ohne Medikamente?“ ist das Motto unserer Phantomschmerzgruppe. Hier kommen besonders unkonventionelle Methoden zur Anwendung, die aber nicht von den Kostenträgern finanziert werden. Eine Alternative in der Schmerzbekämpfung ist die so genannte Spiegeltherapie. Mit einem einfachen Trick können Mediziner, Therapeuten und Patienten den Phantomschmerz überlisten: In einem speziell aufgestellten Spiegel sieht es für den Patienten so aus, als sei das Spiegelbild des verbliebenen Beines (oder Armes) eine Wiedergabe des amputierten, also des fehlenden Beines (oder Armes).

Diese Wahrnehmung ruft im Gehirn eine Erinnerung an den fehlenden Arm oder das Bein wach und hört auf, die nicht mehr vorhandenen Signale aus den Nerven der betroffenen Extremität durch Schmerz zu ersetzen.

Die Spiegeltherapie bietet eine Alternative zu anderen therapeutischen Maßnahmen gegen Phantomschmerz. Die Wirkung lässt sich sogar noch erhöhen, wenn der Patient mit dem nicht amputierten Köperglied, das er im Spiegel betrachtet, Geschicklichkeitsübungen macht und im Spiegel ansieht, während Empfindungen z.B. durch die Berührung mit einer Bürste oder einem sandigen Untergrund, hervorgerufen werden.

Diese Gefühle spüren Patienten nach einiger Übung sogar im nicht mehr vorhandenen Arm oder Bein.

Um solche Erfolge zu erzielen, muss der Patient allerdings beständig trainieren und üben.